POP
CDs
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Sein Solo-Debüt „Frankie Ray“ spiel-
te Jonathan Wilson 2005 praktisch
allein im Studio ein. Mancher Song
erinnerte Kritiker, die das zufällig in
die Hände bekamen, an Springsteen
von „Nebraska“-Klasse. Auch nach
„Gentle Spirit“ blieb er ein Geheim-
tipp, jetzt einen Ruf wie Donnerhall
genießend bei an anspruchsvollste
Gesellschaft gewohnten Kollegen
wie Jackson Browne. Im eigenen
Studio-Komplex betreute er Musi-
kanten der Indie-Szene wie Dawes
(Debüt), The Deep Dark Woods
und Father John Misty, Folk- und
Country-Exzentriker ohne größere
kommerzielle Aussichten.
Auf solche spekulierte er bei den
Aufnahmen zu op. 3 am allerwe-
nigsten, seinen Idolen (unter an-
deren Roy Harper, Pink Floyd und
den Meistern des psychedelischen
Westküsten-Rock) huldigend. Pop
wie „Love To Love“ hat er wohl mit
Byrds im Hinterkopf komponiert,
und „Future Vision“ erinnert an
Beach Boys um 1970/73 und Pink
Floyd
derselben
Jahre.
Songs
wie diese sind aber genauso we-
nig wie die folkrockige Ballade
„Moses Pain“ Retro-Testat eines
hoffnungslos der Vergangenheit
nachweinenden Melancholikers.
Für ihn ist die Historie vielmehr
Ansporn, so auch, um die besten
Elemente etwa von John-Martyn- bis
Neil-Young-Klassikern in eigenen
Songs zu fusionieren. Den besten
Stephen-Stills-Songs der Jahre 1969
bis 1972 erweist er wie beiläufig
ganz großen Respekt mit „Cecil
Taylor“.
Neben Crosby/Nash kamen zu
den Sessions illustre Gäste wie Ben-
mont Tench, Jackson Browne und
Mike Campbell. Spiritus Rector war
immer er selber mit allen Mitteln
analoger Studiotechnik tonmeister-
lich vertraut. Wer zweifelte, dass
heute noch jemand Produktionen
solcher Klasse zuwege bringen
könnte, sollte sich „Fanfare“ in ei-
ner Session anhören! Dafür waren
Langspielwerke mal gemacht.
Franz Schöler
MUSIK ★
KLANG ★
Carolin No
FAVORITE SIN
Fuego CD_______________________ (
3 8
)
Bei HiFi-Händlern und -Fans sind die
Alben des hiesigen Duos beliebt.
„Favorite Sin“ wird da keine Aus-
nahme machen: 13 oft ebenso spar-
sam wie effektvoll instrumentierte
und arrangierte Song-Preziosen
in einem lupenreinen klanglichen
Gewand. Wortwörtlich im Zentrum
und fast schon voyeuristisch-auf-
dringlich in all ihren Ausdrucksfa-
cetten entblößt steht Sängerin Caro
Obieglo. Diese Nähe unterstützt
die eindringlich-magische Aura der
Musik, die mit mehrmaligem Hören
immer vielschichtiger erscheint.
Aufmerksame erkennen zudem das
motivisch verbundene Versteckspiel
unter den Songtiteln, das mit einem
Ohrwurm abschließt.
mbö
MUSIK ★
KLANG ★
A v ril Lavigne
AVRIL LAVIGNE
Epic/Sony CD
(
46
')
Wenn das fünfte Studioalbum ledig-
lich den eigenen Namen als Titel hat,
bedeutet das so viel wie: „Seht her,
das ist das Album, das ich immer
machen wollte.“ Dabei wirkt das
Ergebnis trotz der Gastauftritte von
Marilyn Manson und Eheman Chad
Kroeger (Frontmann von Nickelback)
eher so, als ob sie es jedem recht
machen will. Ein Vergleichshören
mit frühen CDs wie „Let Go“ oder
„Under My Skin“ verdeutlicht die
Richtungsänderung von einst sehr
persönlich geprägtem, Singer/Song-
writer-betontem Alternative-Rock
hin zu wenig überraschenden „Null
Risiko“-Songs, die Avril Lavigne auf
das Niveau von Katy Perry oder Lady
Gaga sinken lässt.
pb
MUSIK '
KLANG
James B lunt
MOON LANDING
Atlantic/Warner CD
Die Vorauskopplung „Bonfire Heart“
hat hierzulande bereits Platz eins
der Charts erobert, damit dürfte das
nachgeschobene vierte Album von
James Blunt zum Selbstläufer auf
dem Massenmarkt werden. Und wa-
rum auch nicht, „Moon Landing“ hat
tatsächlich das Zeug zum Bestsel-
ler: Die hymnischen Melodien des
Briten bescheren dem Hörer große
Gefühle, seine Songtexte vertreten
mehrheitsfähige Ansichten über
die Liebe, der honigsüße Sound
flutscht reibungslos ins Ohr. Dass
da für Neuerungen oder Risiko-
freude kein Platz bleibt, sollte bei
einem auf Gefälligkeit bedachten
Musikprodukt nicht verwundern.
hake
MUSIK
KLANG ★
Jake Bugg
SHANGRI LA
Mercury CD
(
40
")
Sein „The Freewheelin’ Jake Bugg“
ist das von Rick Rubin betreute Al-
bum nicht geworden. Mehr als Bob
Dylan eifert Jake Bugg zunächst mit
„What Doesn’t Kill You“ dem jungen
Elvis Costello nach, um mit „Me And
You“ glaubwürdig den „rebel with
a cause“ zu geben. Die zweite Plat-
tenhälfte (hätte man in der LP-Ära
gesagt) bietet recht introspektive
Songs, darunter ein für sein Alter
verblüffendes Loblied auf „Simple
Pleasures“. Die manchmal etwas
quengelige Stimme bleibt wohl
noch einige Zeit, was man vornehm
ein „acquired taste“ nennt. Groß
der Countrysong „Storm Passes
Away“ zum Schluss. Seine Bestim-
mung?!
F. Sch.
MUSIK
KLANG
Céline Dion
LOVED ME BACK TO LIFE
Sony CD (auch als LP erhältlich)
(
60
’)
Immer wenn man denkt, dass
Céline Dion den Gipfel emotiona-
ler Verausgabung nun aber endlich
erreicht haben muss, steuert sie
mit großer Geste schon die nächs-
te Übersteigerung gesanglicher
Ausdruckskraft an. Das mag man
gekünstelt finden oder abgöttisch
lieben wie ihre weltweite Fan-Schar,
Fakt ist, dass die Kanadierin ihre
Rolle als glamouröse Diva auch
auf dem ersten englischsprachigen
Album seit sechs Jahren wieder ge-
konnt ausfüllt. Bestens bei Stimme
appelliert sie in ausufernden Balla-
den und Pop im luxuriösen Klang-
gewand an den Sensationshunger
des Hörers. An ihrer Seite: Stevie
Wonder, Sia und Ney-Yo.
hake
MUSIK ★ ★
KLANG ★
128 STEREO 1/2014
★ ★ ★ ★ ★ hervorragend I ★ ★ ★ ★ sehr gut I ★ ★ ★ solide I ★ ★ problem atisch I ★ schlecht
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